Grischa's Climate Strike Dec 23 and Jan 24

Grischa's Klimastreik Dez 23 und Jan 24

Was war Grischa's Streik

Der Streik war recht einfach und objektiv nicht sehr schön. Ich habe aufgehört, meine eigenen Klassen an meiner Schule zu unterrichten. Ich hatte es auf der Website und in unserer Telegram-Gruppe angekündigt, aber dennoch standen natürlich einige vor verschlossenen Türen.
Ich sah keinen anderen Weg eine Reaktion meiner regulären Schüler zu erhalten, weil die einladenderen, fordernden, nachdenklich-machenden, an Verantwortung appellierenden Aufrufe der letzten Jahre quasi vollständig ignoriert wurden. Ich wollte wenigstens irgendeine Reaktion. Kennst Du den Klimawandel, kümmert es Dich, handelst Du entsprechend?
Ich hätte es vorgezogen, nicht in diesen Streik zu treten und mehr als einen ganzen Monat Einkommen zu verlieren, vielleicht sogar bei vielen Praktizierenden, die zwar zustimmen, aber die Art und Weise, wie ich es mache, nicht mögen...
Ich hätte es vorgezogen, niemanden frustriert, wütend oder traurig zu machen. Aber ich bin froh selbst über diese Reaktionen.
Die einzige Alternative wäre zu diesem Zeitpunkt gewesen, alle Hoffnung auf Yoga aufzugeben, es dem Egoismus und dem Kapitalismus zu überlassen und meine Shala exakt nach 20 Jahren aufzugeben.
Die Gründe versuche ich hier darzulegen, auch wenn es unenedlich viel Kraft kostet, sowas in 2024 noch begründen zu müssen. Es scheint noch immer notwendig zu sein. Es braucht Zeit, meine Gedanken zu lesen. Aber glaube mir, es dauert zehnmal länger, diese Dinge zu denken, zu schreiben und in Taten umzusetzen.

Warum der Streik und was waren Risiken und Folgen?

In den letzten zehn Jahren habe ich versucht, die Menschen um mich herum zu motivieren, sich mit allen möglichen ökologischen oder sozialen Themen zu befassen, die sie sich vorstellen können. Auf persönlicher Ebene, lokal oder global. Ohne großen Erfolg.
Selbst (oder gerade?) diejenigen, die täglich genug Zeit für stundenlange „Yoga“-Übungen haben, zeigten sich nicht in der Lage, auch nur einmal im Jahre zwei Stunden in einen einfachen Protest gegen den Verstoß unserer Regierungen zu investieren, die Menschenrechte aller Kinder auf diesem Planeten zu wahren. Bedeutet Yoga, dass wir genug Zeit und Geld für egoistisches, aber nicht für altruistisches Handeln haben?
Ein schrecklicher Gedanke begann in mir aufzusteigen: Sind Yoga-Praktizierende womöglich sogar egoistischer als andere Menschen? Ist die altruistische Agenda des Yoga so sehr pervertiert, dass sie egoistische Persönlichkeiten anzieht, entschuldigt und sogar fördert? Hat die Heuchelei so vieler berühmter Social-Media-Yogalehrer genug Menschen vergiftet, dass Yoga aufgegeben werden muss?
Ist Yoga ein Symptom oder ist es zur Ursache der Zerstörung von Menschlichkeit geworden?
Unterstütze ich unfreiwillig eine schädliche Idee?

Im Dezember 2023 bat mich eine langjährige Ashtanga-Praktizierende aus Norwegen um einen Rabatt für einige Unterrichtsstunden. Kein Problem, natürlich.
Am letzten Tag erzählte sie mir, dass sie für ein paar Wochen nach Bali fliegen würde, denn nun, ja, es ist so im Winter in Europa.

Was für ein Schlag ins Gesicht. Ich verdiene kaum genug, um meine Familie und Lehrer zu ernähren, und ein anderes Mal habe ich sogar die Zerstörung unseres Planeten subventioniert.
Instagram und Facebook sind voll von „Yogis“, die einen hedonistischen und egoistischen Lebensstil zelebrieren.
Aber wo sind diejenigen, die dieses Verhalten angesichts der globalen Katastrophe, die genau dieser Lebensstil verursacht, nicht angemessen finden und dafür einstehen, die Zerstörung zu beenden? Millionen Menschen sterben derzeit an den Folgen des Klimawandels und wir haben nichts Besseres zu tun, als ihnen Treibstoff auf den Kopf zu schütten? Allein für Winterkomfort plus Yoga, vermutlich um zu vergessen, dass genau unser eigenes Verhalten dafür verantwortlich ist?
Das war der berühmte Tropfen.

Wir haben nichts gewusst ist keine Option mehr

Je egoistischer unser Handeln, desto mehr Leid verursachen wir. Die Grundlage des Yoga besteht darin, dies zu überwinden. Darüber hinaus ist aus der Heiligen Schrift klar, dass wir auch die Pflicht haben, Ungerechtigkeit zu bekämpfen. Dazu wurde ein ganzes Buch namens „Bhagavad Gita“ geschrieben.
Wir können nicht mehr einfach nur aus Spaß um den Planeten fliegen. Die CO2-Emissionen werden in den kommenden Hunderten oder Tausenden von Jahren globale Schäden verursachen. Das ist unmenschlich und anti-yogisch. Wie kann uns das egal sein!?!

Nichts ist einfacher, als diejenigen zu kritisieren, die sich faktisch außerhalb des eigenen Handlungsfelds befinden (die Fleischindustrie, die Privatjetflieger oder Politiker) oder gefühlt (die Reichen, zu denen wir global gesehen faktisch gehören). Kaum etwas ist schwieriger, als auf negative Folgen im Verhalten der eigenen "Szene" aufzuzeigen und eine Veränderung dort einzufordern, in dem wir tatsächlich wirken können: Bei uns selbst, unseren Freunden, Verwandten Kollegen usw. Sobald wird das tun, fühlen sich fast alle im Umfeld vor den Kopf gestoßen. Man war sich doch immer einig, dass alle anderen Schuld sind!

Wut entsteht nicht aufgrund von falschen Anschuldigungen, sondern durch das Erkennen eines Konflikts zwischen positivem Selbstbild und der Realität. Wut (oder die kleine Schwester Scham) entsteht dann, wenn man begreift, dass man gegen die eigenen Maßstäbe handelt und sich dabei gesehen fühlt. Faktisch ist das persönliche Handeln verantworlich für die Dissonanz. Praktisch geben wir lieber dem Überbringer unbequemer Nachrichten die Schuld. Denn hätte man nichts davon erfahren, wäre doch die Welt vollkommen in Ordnung, oder? Naja!

Grundsätzlich geht es im Yoga genau darum: Selbstbetrachtung, das Erkennen universeller ethischer Grundsätze in uns, eine entsprechende Transformation des Denkens und Handelns. Darüber hinaus entsteht daraus allerdings auch die Verpflichtung, über die Verletzung der universellen Grundsätze nicht hinwegzusehen, insbesondere im eigenen Umfeld. Es gibt keint Gewohnheitsrecht darauf, andere Lebewesen quälen zu dürfen, unser aller Lebensraum, Luft oder Wasser schädigen zu dürfen. Und das alles tun wir kollektiv durch das Verbrennen fossiler Brennstoffe. Im großen Maßstab individuell nur sehr wenig. Aber im individuellen Maßstab in ungeheuerlichem Ausmaß.

Zu viele von uns glauben noch immer an die Lügen der fossilen Brennstoffindustrie, dass irgendeine imaginäre Weltorganisation das Problem für uns lösen werde. Aber wer sonst als genau diese globalisierte Industrie sorgt (um jeden Preis!) dafür, dass so etwas nie passiert? Wer investiert Milliarden von Blutdollar, um sicherzustellen, dass wir niemals aufwachen und niemals aufhören, dass wir möglichst viel ihrer schmutzigen Treibstoffe zu verfeuern?
Sie haben einen glauben lassen, dass der Einzelne nichts ändern kann. Das ist eine Lüge. Weil sie Angst haben. Nur wenige Menschen haben vor 40 Jahren aufgehört, Fleisch zu essen. Schau jetzt. Und unser individueller Flugkonsum ist unendlich viel schädlicher als unsere Ernährung. Diese Erkenntnis scheint vielen weh zu tun. Aber "die Lobby" hat nur Angst davor, dass Du mit der Veränderung beginnst. Eine Zukunft ist möglich. Aber es braucht eine Handvoll von Menschen, die gegen vermeintliches Eigeninteresse das System der Gier bekämpfen.

Wenn Du mein Anliegen unterstützen möchtest, sende mir einfach eine E-Mail. Wenn Du mich hasst, weil ich Dein Geschäft oder Deine Gewohnheiten gefährde, schreibe mir bitte auch. All das tue ich auch für Dich und für Deine Kinder, oder die Kinder Deiner Freunde und Familie und aller zukünftigen Wesen.

Seit letzter Woche haben einige von uns eine „Climate Action“-Gruppe auf Telegram eröffnet. Bitte mach mit. Teile uns zumindest mit, dass es Dich gibt. Wo auch immer du bist.

Ich weiß, dass nicht alle mit meiner Entscheidung zufrieden sind. Aber es fühlt sich nicht richtig an, einfach weiterzumachen. Ich brauche die Zeit. Es ist schwer, alle Hoffnungen auf die Kraft des Aufbaus einer nicht-selbstsüchtigen Yoga-Tradition aufzugeben. Es ist leicht der Meinung zu sein, dass mein Weg falsch ist. Zeig mir einen besseren. Blabla hilft nicht. Schick mir eine E-Mail.

Yogasutra zu Verantwortung

Bevor wir auch nur so tun, als würden wir Yoga praktizieren, müssen wir über Ethik sprechen. Das ist Patanjalis wichtigste Botschaft an uns. Die fünf Yama-s sind die erste und relevanteste Ebene der acht berühmten Ebenen der Yogapraxis. Sie bilden das große "Gelübde des Yoga". Niemand, den wir kennen, würde ihnen wahrscheinlich widersprechen. Wir sind uns alle einig, dass dies unsere menschliche DNA sein sollte.
Umso mehr ist es natürlich das Herzstück aller Yoga-Praxis. Es gibt kein Yoga, wenn wir diesen Code verletzen, egal wer wir sind, wo wir sind, wann wir sind oder in welchen Situationen wir uns befinden.
  1. ahimsā-satyāsteya-brahmacaryāparigrahā yamāḥ
    Die (5) Yama-s sind: Ahimsa (Gewaltlosigkeit), satya (Wahrhaftigkeit), asteya (Nicht-Stehlen), brahmacarya (Schöpfungsverbundenheit), āparigraha (Nicht-Umsichgreifen)
  2. jāti-deśa-kāla-samayānavacchinnāḥ sārva-bhaumā mahāvratam
    (Diese sind) der große Schwur: Uneingeschränkt von "Geburt-Ort-Zeit-Umständen". In allen Situationen.

Klimawandel, der schmerzhafte Spiegel unseres Lifestyle

Wir als Teil einer winzigen globalen Elite haben bereits weite Teile des Planeten zerstört und einen praktisch unaufhaltsamen Prozess der globalen Erwärmung in Gang gesetzt.
Wir haben kein Recht, den Planeten für unsere selbstsüchtige Agenda namens "westlicher Lebensstil" zu missbrauchen.
Die Lösung ist sehr einfach und hat nur wenig mit Yoga zu tun, außer dass es hier ausdrücklich als Grundlage aller Praxis betont wird: Dein Lebensstil muss so sein, dass er für 8 Milliarden Menschen auf dem Planeten gelten könnte. . Yoga bedeutet, einen CO2-Rechner zu bedienen und das schlimmste zuert beenden: Wenn es das Fliegen ist, ist es das Fliegen. Yoga bedeutet, sich selbst ehrlich zu machen.

Yoga-Scham

Yoga steht für tiefgreifende Transformation; dafür, das eigene Handeln in Frage zu stellen. Nicht für Egoismus. Die Verletzung aller Ebenen des großen Gelübdes ist zum Markenzeichen des modernen Yoga geworden. Das ist nichts als beschämend.
Das, was in nur 20-30 Jahren als „Yoga“ umformuliert wurde, erschafft und fördert selbstsüchtige Lehrerpersönlichkeiten, die gierig nach Geld und Macht sind. Lass Dich nicht täuschen. Westliches Yoga ist ein korruptes und gierbasiertes System geworden.
Selbst wenn etwas auf den ersten Blick "gut" scheint: Es liegt in der Natur des Kapitalismus, ein möglichst billiges Produkt so darzustellen, dass wir unbewusst glauben, wir bräuchten es und es sei gut für uns.
Der Kapitalismus hat "Yoga" in Anti-Yoga pervertiert.